Historisches Museum Jahresbericht mit Zahlen
81 Sammlungs- Als sogenanntes „Schatzhaus der Pfalz“ beherbergt das Historische Museum der Pfalz mehr als eine Million Exponate. 1869 wurden die Sammlungen des Historischen Vereins der Pfalz, des ehemaligen Pfalzkreises und der Stadt Speyer zur umfassenden Darstellung der Geschichte der Pfalz erstmals in einem Museum vereint. Mit der Einweihung des vom bayerischen Architekten Gabriel von Seidl (1848–1913) erbauten Museumsgebäudes im Jahr 1910 erhielt die umfangreiche Sammlung eine repräsentative neue Heimat. 80 Jahre später wurde das Museum um einen Anbau erweitert. Heute werden auf 7.500 m² fünf Sammlungsausstellungen, die von der Urgeschichte über die römische Antike bis in die Neuzeit reichen, präsentiert. URGESCHICHTE 700.000 Jahre dauerte die Urgeschichte in der Pfalz: von den ersten Menschen bis zur Ankunft der Römer. Die Urgeschichte beschäftigt sich weitgehend mit der schriftlosen Zeit. Eindrucksvoll erzählt die Ausstellung von Sammlern und Jägern, die Herr über das Feuer wurden und deren wichtigstes Werkzeug der Faustkeil war. Sie be- schreibt, wie sich die Menschen zu sesshaften Bauern entwickelten, die Gefäße aus Ton töpferten, Kleidung aus Wolle webten, Getreide anbauten und Vieh züchteten. Der Goldene Hut von Schifferstadt ist das spektakulärste Fundstück in der Sammlungsausstellung "Urgeschichte". Der Kegel aus dünnemGoldblech wird als Zeremonial- hut eines Priesters mit überregionaler Autorität gedeutet. Weitere Höhe- punkte der Schausammlung bilden zwei Bronzeräder aus Haßloch aus dem 9. Jahrhundert vor Christus – Meisterwerke vorgeschichtlicher Bronzegießer – und aus den keltischen Fürstengräbern von Bad Dürkheim und Rodenbach stammender kunstvoll gestalteter Gold- schmuck und luxuriöse Trinkgefäße aus demmediterranen Raum. RÖMERZEIT Die Pfalz war zu römischer Zeit eine der äußersten Grenzregionen des Römischen Reiches und die ersten Römer, die in die Pfalz kamen, waren Soldaten. In der Ausstellung tragen drei nachgebildete Soldaten ihre jeweils für die Zeiten zwischen dem ersten und vierten Jahrhundert typische und bis ins Detail nachempfundene Rüstung und Bewaffnung. In Rheinzabern entstand ein Keramikzentrum, das Dachziegel sowie hochwertiges Tischgeschirr, die „Terra Sigillata“, herstellte. Über weitreichende Handelswege gelangte das Feingeschirr bis nach Britannien und ans Schwarze Meer. Ein besonderes Meisterstück des Bronzegusses ist der Kentaurenkopf von Schwarzenacker. Der im heutigen Saarland gefundene Kopf aus der Zeit des Kaisers Augustus zeugt von der hohen Kunstfertigkeit des Handwerkers, der es vermochte, trotz des kleinen Formats von rund 15 cm Höhe die geballte Kraft des mythischen Kentaurs in die Gesichtszüge, den wallenden Bart und die blitzenden Augen zu legen. NEUZEIT Die Sammlung "Neuzeit" vermittelt die Geschichte der Region von der Renaissance bis in die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie beinhaltet wertvolle Exponate und Zeugnisse zur Reformation, zur Französischen Revolution und zum Hambacher Fest, zum Vormärz und zu Mode, Möbeln und Kunst des Biedermeiers, zum Speyerer Maler Anselm Feuerbach und zum veränderten Leben der Menschen in der Pfalz nach der industriellen Revolution und im Ersten Weltkrieg. Ein Teil der Sammlung „Neuzeit“, die derzeit einer aufwendigen Neukonzeption unterzogen wird, konnte bereits in einer Ausstellung zur Geschichte der Evangelischen Landeskirche der Pfalz erfolgreich präsentiert werden. Das moderne Ausstellungskonzept mit großfor- matigen Leuchtbildern, einer Hör- und Medienstation, einem Film zur Reformationsgeschichte sowie ausgewählten Exponaten gibt einen Überblick über 500 Jahre Protestantismus von der frühen Reformati- onszeit bis in die Gegenwart. Zur Sammlung „Neuzeit“ gehört auch das historische Stadtmodell, das sich im Forum des Museums befindet. Es stammt aus dem Jahr 1886 und zeigt die Stadt Speyer vor dem verheerenden Brand von 1689. Detailreich im Maßstab 1:1000 sind Wohnhäuser, Kirchen, Gassen und Plätze, Stadtmauern und -türme nachgebildet und multi- medial aufbereitet und bieten eine Entdeckungstour vom römischen Speyer bis in die Gegenwart. DOMSCHATZ Der Domschatz im Historischen Museum der Pfalz Speyer beherbergt einzigartige Exponate zur Geschichte des Speyerer Doms. Den Mittel- punkt bilden die Grabfunde aus den Gräbern der im Speyerer Dom bestatteten Herrscher. Die kupfernen Grabkronen, der Reichsapfel Heinrichs III., der Goldring Heinrichs IV., Inschrifttafeln und weitere Beigaben zeugen vom herrscherlichen Anspruch der salischen Kaiser auch über den Tod hinaus. Zudem beherbergt der Domschatz wertvolle liturgische Geräte, die zur Feier des Gottesdienstes im Dom und anderen Kirchen der Diözese Speyer verwendet wurden. Aus dem frühen 12. Jahrhundert stammt ein mit umlaufenden Reliefs verzier- ter Weihwasserkessel, der für das Kloster St. Alban in Mainz gestiftet wurde. Kostbar mit Edelsteinen geschmückt sind die Bischofsstäbe aus Worms und Mainz aus dem 15. und 18. Jahrhundert. Ein einzelnes Pergamentblatt, das im Oktober 1970 in der Afra-Kapelle des Speyerer Doms zum Vorschein kam und als letzte Seite der Ulfilas-Bibel, einer höchst seltenen Handschrift aus der Zeit um 500, identifiziert werden konnte, fasziniert die Fachwelt bis heute. „DES KAISERS LETZTE KLEIDER“ Die Sammlung Domschatz präsentiert auch die Ergebnisse des sogenannten KUR-Projekts, das sich der Erforschung der organischen Funde wie Textilfragmente aus Wolle, Seide und Leinen aus den Kaiser- und Königsgräbern widmete. Mit neuesten naturwissenschaft- lichen Verfahren wurden hier unter anderem die Kronhaube Kaiser ausstellungen
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